Auch wenn der Thread alt ist, noch mehr Infos zu dem Thema, da es wohl auch Gebrauchtfahrzeuge gibt, die auf dem Gebiet Fehler aufweisen und die Funktionsweise plattformübergreifend nicht nur für den E39 gilt.
ASC: Antischlupfregelung: Beim Anfahren wird ein Schlupf (nur) an der Antriebsachse erkannt —> Gasannahme wird verringert, ohne Bremseingriff
ASC+T: T bedeutet Traktion, dh wie ASC, nur eben zusätzlich MIT Bremseingriff (achsweise nur bis 40 km/h)
DSC: Dynamische Stabilitätskontrolle: Jedes Rad wird einzeln überwachten ggf. abgebremst
Abhängig von diesen drei System sind mehr oder weniger Ventile im Hydroblock verbaut. Zusätzlich sind noch weitere Ventile verbaut, damit das Bremssystem auch bei Ausfall eines Bremskreises noch funktioniert. Bei manchen Hydroblöcken ist sogar noch eine zusätzliche Pumpe verbaut, DSC-Vorladepumpe genannt.
Beim zB E39 FL sind folgende Sensoren, die mit RDC zusammenarbeiten, im Einsatz:
> In jeder Radnabe/ Radlager ist ein Drehzahlsensor eingebaut. Diese waren ursprünglich nur für das ABS-System gedacht. In einer zweiten Verwendungsebene wird jeweils einer dieser Sensoren zB auch für das Navi-Steuergerät ausgelesen (damit zB bei einer Abzweigung im Tunnel oder in einer Tiefgarage ohne Satelitten-Empfang das Navi das mitbekommt) oder ein anderer Sensor regelt die geschwindigkeitsabhängige Lautstärke des Soundsystemes.
Beim Bordcomputer High (16:9) können diese Raddrehzahlsensoren sogar live während der Fahrt angezeigt werden, auch eine Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung des Fahrzeuges wird angezeigt)
> Am Lenkradkranz ist eine Spule eingebaut, die den Lenkeinschlag erkennt (Lenkwinkelsensor)
> (Meist) unter dem Fahrersitz ist eine Kombination aus zwei getrennten Sensoren verbaut: 1x Beschleunigungssensor (eh klar, was der misst ;-)) und im selben Gehäuse sitzt noch ein zweiter Sensor, der die Coriolos-Beschleunigung misst (einfach erklärt, ist das die Beschleunigung, wenn man sich zB auf einem Drehstuhl dreht und dann plötzlich die Arme ausstreckt [wird man langsamer]. Oder auch bekannt bei Eiskunstläufern, die sich drehen und dann die Arme anlegen [werden schneller]. Dieser misst also einfach gesagt, ob und wie schnell sich ein Auto um die eigene Achse dreht (ganz ohne Drehstuhl ;-))
Funktionsweise:
Fall 1: Wenn man geradeaus fährt, drehen (in der Regel) alle Räder gleich schnell. Fährt man zB in eine Rechtskurve, dreht sich das kurvenäussere, linke Rad schnelleres das kurveninnere, also geben die beiden Sensoren der Vorderachse unterschiedliche Drehzahlen aus.
Fall 2: Bei Geradeausfahrt ist zB im linken Reifen weniger Luft drinnen, als im rechten, dh dass der Reifen mit weniger Luft einen kleineren Abrollumfang hat und sich deshalb auch schneller dreht (somit auch unterschiedliche Drehzahlen an einer Achse)
Wie erkennt nun dieses System, ob es sich um Fall 1 (alles ok) oder Fall 2 (Reifenpanne) handelt?
Ganz einfach: Bei Fall 1 wird ja das Lenkrad ebenfalls eingeschlagen, somit ein Lenkwinkel ausgegeben, der im direkten Vergleich zu den unterschiedlichen Drehzahlen der Räder übereinstimmt. Bei Fall 2 hingegen befindet sich das Lenkrad im Winkel bei 0 Grad (geradeaus), stimmt also nicht mit den unterschiedlichen Raddrehzahlen überein —> Reifenpanne wird erkannt und angezeigt.
Die beiden Beschleunigungssensoren (unterm Sitz) sind hauptsächlich für die Traktions- und Anfahrtskontrolle und Steuerung zuständig. Der Beschleunigungssensor erkennt (durch das Gaspedal (das geht ja nicht über einen Seilzügen, sondern „by wire“, also elektronisch), dass der Fahrer 1.) Gas gibt und 2.) ein oder beide Antriebsräder durchdrehen. Das Steuergerät wertet das aus und verwendet das ABS-System in „umgekehrter“ Funktionsweise: Jedes Rad kann und wird einzeln abgebremst (über Ventile im Hydroblock) und über die Rückmeldung der betreffenden Radsensoren gesteuert. Fährt man zB zu schnell in eine Kurve, bremsen die kurveninneren Räder durch DSC ab. Die kurvenäusseren Räder sind somit schneller als die kurveninneren (werden ja abgebremst) —> Der Wagen zieht zur Kurveninnenseite (die Physik lässt sich natürlich nicht überlisten, wenn also zu schnell in eine Kurve einlenkst, wirst durch das Trägheitsgesetz wohl oder übel einen Abflug machen :-))
Das RDC-System basiert auf dieser Erklärung und kann für sportliche Fahrweise ausgeschalten werden (+DSC ausgeschaltet [dynamische Stabilitätskontrolle = jedes Rad kann einzeln abgebremst werden]. Dann kann man driften, ohne dass durch die Reifenverformung beim Driften plötzlich die Regelung aktiv wird.
Deshalb hat der RDC-Schalter zwei verschiedene Funktionen:
1x kurz drücken (auch während Fährt): RDC ist inaktiv, also ausgeschalten
1x lang drücken (auch während Fährt): RDC Set, kalibriert sich (zB nach Sommer-Winter-Reifen-Tausch)
Die Kalibrierung wird erst ab einer gewissen Geschwindigkeit gestartet, dann müssen eine gewisse Anzahl Links - und Rechtskurven gefahren werden. Beim Bremsen und Beschleunigen werden jeweils die beiden Beschleunigungssensoren kalibriert und je nach geleisteter „Abarbeitung“ der programmierten Liste sind diese bereits schon nach ein paar km voll einsatzfähig.
Ist zB einer der Raddrehzahlsensoren defekt (Kontrollampe gelb im Display leuchtet dauerhaft), wird nach dem Tausch dieses Sensors die Kalibrierung gestartet. Ist diese erfolgreich, erlischt die Kontrollampe von selbst. Ein Zurücksetzten der Warnlampe (Fehlermeldung) im DIS startet das selbe Programm. Ist dieses also abgearbeitet, bleibt die Kontrolllampe dunkel...oder leuchtet erneut auf!
Übrigens: Bei meinem Bimmer ging die DSC-Kontrollleuchte an, konnte das DSC-Steuergerät mittels DIS aber nicht auslesen (STG nicht erkannt), deshalb musste ich mit der Thematik auseinandersetzen. Fehlerursache war bei mir ein Wassereintritt bei der Fahrertür, welche den dicken Bodenteppich (inkl. Dämmung) komplett durchnässt hat. Genau unter dem Fahrersitz ist dann durch das „Feuchteklima“ ein auf die Karosserie aufgeschweißter Gewindestift abgefault. An diesem hingen mehrere Leitungen (braun = Karosserie-Masse, also Batterie-Minus). Und einer dieser braunen Drähte ist nun mal die Masse für das am Hydroblock verbaute Steuergerät der DSC (im Motorraum rechts vorne). Masseverbindung erneuert und seitdem brummt er wieder
Der Vorteil der in den Radlagern verbauten Sensoren ist, dass diese unabhängig von der Bereifung ist, also bei einem Reifentausch nicht ein Sensor mitgetauscht werden muss. Nachteil: Die Sensoren (in Kunststoff eingebettet) stecken sehr fest in der Radaufhängung, welche auch noch aus Aluminium ist. Ein Ausbohren der defekten Sensoren ist zwar möglich, aber bei Alumium kommt man sehr schnell beim Bohren daneben und bohrt man zu tief, beschädigt man auch noch das im Radlager eingebettete Inkrementalrad.
P.S.: Im Netz gibt es sehr viel ähnliche Problemfälle. Mich hat die Lektüre des BOSCH-Manuals (die haben das DSC-Steuergerät entwickelt) weiter gebracht, auch wenn ich mich zuerst von DSC I, weiter zu DSC II und schlussendlich DSC III weiterbilden musste