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Diese Thematik ist etwas für technisch ambitionierte Leute, die, entgegen der Philosophie der wartungsfreien Automatikgetriebeöl (ATF)-‚Lebensdauerölfüllung’, selber eine Art von Basiswartung an ihrem Automatikgetriebe durchführen wollen oder sich zumindest für diese (präventive) Möglichkeit interessieren.
Es geht dabei konkret um den Filterwechsel, Schaltkasten/Kanäle spülen, Drehmomentwandler spülen, Vorlaufleitung spülen, Getriebeölkühler spülen und somit ~ 94 %igen Getriebeölwechsel beim 5L40-E-Getriebe.
Wenn man zusätzlich noch die Rücklaufleitung (zum Getriebe) spült oder entleert, wie ich es tat, erreicht man einen ATF-Wechsel > 94 %.
Konstruktionsbedingt ist die Spülung dieses Getriebetyps, wie ich es später im Detail beschreibe, die einzig sinnvolle Methode, um einen möglichst vollständigen Getriebeölwechsel zu erzielen. Überdies mit einem verhältnismäßig geringem finanziellen- und materiellen Aufwand.
Also kein Vergleich zu einem Standard-ATF-Wechsel ohne Getriebespülung, der nur eine (vergleichbar unvollständige) Teilerneuerung und Auffrischung der alten Ölfüllung bewirken kann.
Individuelle Voraussetzungen
Vorab steht natürlich immer die Überlegung, was man sich selbst technisch zutraut, zu machen bereit ist und was besser nicht. Diese Abwägung sollte daher jeder mit sich selbst ausmachen. Als Alternative zur Eigenleistung winken gewerbliche Anbieter für techn. Dienstleistungen, die dies gegen entsprechende Entlohnung durchführen können und sich bestimmt über Aufträge freuen.
Das Automatikgetriebe entsprechend dem oben angedeutetem Aufwand zu warten ist sicherlich anspruchsvoll, aber nicht unmöglich und durchaus in Eigenleistung zu bewerkstelligen.
Wichtig sind dafür: technisches Verständnis als Eigenschaft (man sollte stets wissen, was man macht), umfassende Vorbereitung (Material & Informationen) sowie die Fähigkeiten, ruhig, geduldig, gründlich und sauber arbeiten zu können. Sich dabei Zeit lassen und vorab sämtliche Schritte geplant zu haben, sind weitere Erfolgsrezepte. Das Anspruchsvollste bei allem ist das vorgegebene Prozedere, um später den korrekten Füllstand in der Ölwanne beim Befüllen zu erreichen; selbst das ist kein Problem, wenn man planvoll und systematisch vorgeht. Das ist der Schlüssel zum Gelingen!
Automatikgetriebe GM ‚Hydra-Matic 5L40-E’
Das hier thematisierte Fünfstufen-Automatikgetriebe ‚Hydra-Matic 5L40-E wurde bislang in diversen Pkw-Fabrikaten verbaut, vorwiegend natürlich bei General Motors Marken (z. B. Cadillac, Pontiac, Saturn, Holden, Opel…).
Jedoch findet man dieses Getriebe nicht nur in diesen Fahrzeugen vor, sondern auch in bestimmten Pkw-Baureihen aus dem Hause BMW, vorwiegend dieselmotorisiert (BMW-Getriebebezeichnung: A5S360R & A5S390R). Bei bestimmten BMW-Export-Modellen, überwiegend Reihensechszylinder-Benziner, die in die USA geliefert wurden, findet man je nach Baujahr ebenfalls das 5L40-E Getriebe vor.
Kurz und gut: das Getriebe ist so weit verbreitet, dass es sinnvoll erscheinen könnte, über dessen Wartung eine Anleitung zu machen.
(Zumindest gibt dies gewisse Anregungen darüber, wie die Wartung bei diesem Getriebe gemacht werden könnte - unverbindlich.)
Lebensdauer-Ölfüllung
Zunächst einiges grundsätzliches: laut Hersteller ist das 5L40-E-Getriebe nicht zu warten (Öl- & Filter-Wechsel), weil es über eine so genannte Lebensdauer-Ölfüllung („Lifetime fill“) verfügt, also so lange funktioniert, bis das Getriebeöl leistungsmäßig erschöpft ist (zwangsläufige Folge = erhöhter Materialverschleiß) und dadurch das Getriebe irgendwann ausfällt, defekt ist. Ein wahrscheinlich verfrühter Getriebeausfall, der durch regelmäßige Wartung vermeidbar wäre, ist demnach also Teil dieser wenig nachhaltigen Lebensdauer-Konzeption (erinnert an das Prinzip: „so gut wie nötig“, statt „so gut wie möglich“).
Als Lebensdauer-ATF wurde zunächst ‚Texaco 7045 E ’ (gelber Aufkleber) verwendet, welches dann später durch ‚Texaco ETL 8072 B’ (grüner Aufkleber) ersetzt wurde. Diese ATF dürften der GM-Spezifikation Dexron III entsprechen; speziell das Texamatic 7045 E entspricht jedenfalls der Dexron III G.
Uneinige Haltungen verschiedener Hersteller gegenüber Lebensdauer-Ölfüllung
Andere Hersteller, z. B. Mercedes-Benz, empfehlen bei den eigenen Automatikgetrieben einen einmaligen ATF-Wechsel nach 60000 km Laufleistung (siehe MB Rundschreiben PW Nr. 44/05 NFZ Nr. 20/05 ), woran man sehen kann, dass das Thema Lebensdauerfüllung umstritten sein dürfte und manche Hersteller mittlerweile wieder davon Abstand nehmen.
Unbestritten dürfte ebenfalls sein, dass selbst ein Lebensdaueröl mit zunehmender Laufleistung durch dessen Beanspruchung leistungsmäßig nachlassen wird, was aufgrund thermischer Einflüsse unvermeidbar ist. Ein variabler Einflußfaktor für die Ausdauer einer Ölfüllung ist natürlich auch das individuelle Nutzerprofil = die Belastung des Materials insgesamt (überwiegend Stadtfahrten contra Langstrecke, schwerer Anhänger contra kein Anhänger…).
Ein präventiver ATF- und Filter-Wechsel kann daher also entweder alle 5-6 Jahre oder alle 60000-120000 km (je nach Beanspruchung) sinnvoll erscheinen, falls man die Lebensdauer des Getriebes positiv beeinflussen möchte.
Automatikgetriebeöl (ATF): BMW & GM
Bei der Frage welches ATF im 5L40-E verwendet werden darf, gibt es bestimmte Unterschiede zwischen den jeweiligen Angaben von BMW und GM, was möglicherweise irritieren kann.
BMW beschränkt sich bislang darauf spezielle Lebensdauer-ATF-Produkte vorzuschreiben (z. B. spezielle Texaco-ATF), ohne Angaben zur allgemeinen Spezifikation zu machen, was wenig Auswahl ermöglicht.
GM gestaltet die ATF-Auswahl hingegen etwas großzügiger: man schreibt keine speziellen ATF-Produkte bestimmter Anbieter vor, sondern steckt lediglich anhand der GM Spezifikation (Dexron) den technisch erforderlichen Rahmen ab, aus dem der Kunde frei wählen kann, wie es z. B. auch bei der Auswahl von Motorenöl allgemein anhand von Spezifikationen üblich ist.
Da GM zudem der Hersteller dieses Getriebetyps ist, gewichte ich deren Angaben natürlich stärker und orientiere ich mich bei der ATF-Auswahl an den Spezifikationen des Getriebeherstellers GM (was rein logisch nachvollziehbar sein dürfte).
GM Spezifikation
Bis 2006 hatte bei dem 5L40-E die GM-Spezifikation ‚Dexron III’ Gültigkeit:
Zitat GM:
“The Hydra-Matic 5L40-E uses DEXRON III fluid and is filled for life, requiring no scheduled maintenance.”
http://www.media.gm.com/divisi…atics/PWT_2005%205L40.doc
Seitens GM ist ‚Dexron III’ 2006 erloschen und (rückwärtskompatibel) durch ‚Dexron VI’ ersetzt worden:
Zitat GM:
“The Hydra-Matic 5L40 uses the new DEXRON® VI fluid and is filled for life, requiring no maintenance.”
http://www.media.gm.com/us/pow…ssion/08_5L40_M82_MX5.doc
http://www.gm.com/experience/t…e_Fill_Release_30NO07.doc
Demnach wäre bei einem ATF-Wechsel genau genommen ein ATF nach ‚Dexron VI’ zu verwenden, wenn man Rücksicht auf etwaige Gewährleistungs- oder Garantie-Ansprüche nehmen möchte. Nachdem jene Anspruchsfristen verstrichen sind, ist dies aber praktisch irrelevant.
Fazit: ‚Dexron III’ und ‚Dexron VI’ sind, rein technisch, verwendungsfähig im 5L40-E bis einschließlich Baujahr 2005.
5L40-E-Getriebe ab 2006 sollten nur mit ATF gemäß ‚Dexron VI’ befüllt werden.
ATF-Preisniveau
Das Preisgefüge variiert ziemlich drastisch zwischen den verschiedenen ATF-Produkten. So kann man aus einer reichhaltigen Auswahl ein Marken-ATF gemäß Spez. Dexron III (G, H) gegenwärtig für ~ 5-8 €/Liter erwerben; bei Produkten nach Dexron VI ist die Auswahl derzeit in Deutschland noch verhältnismäßig dürftig und ein ATF der Spez. Dexron VI kostet gegenwärtig ~ 11-13 €/Liter, was bei 9 L Wechselmenge zzgl. Spülmenge ein kostspieliges Unterfangen werden kann. Natürlich wird ein Dexron VI verbesserte Eigenschaften gegenüber einem Dexron III aufweisen, unbestritten, wobei die Frage offen bleibt, ob dies den exorbitanten Mehrpreis von ~ 6-8 €/Liter tatsächlich wert sein kann?
Obwohl die Dexron III Spezifikation seitens GM bereits seit 2006 ungültig wurde, entschied ich mich trotzdem zum Kauf eines entsprechenden Getriebeöls, weil ich den beträchtlichen Mehrpreis eines Dexron VI (doppelt so teuer!) für nicht gerechtfertigt ansehe. Davon abgesehen ist die Auswahl unter Dexron III-ATF wesentlich umfangreicher, als Dexron VI-ATF.
Meine Wahl fiel auf das Produkt von Meguin ‚Megol Transmission Fluid ATF III’, wovon ich 15 Liter kaufte (für eine gründliche Getriebespülung wird i. d. R. etwas mehr Öl aufgewendet, als bei einem normalen Getriebeölwechsel ohne Spülung).
D. h. für meine Anleitung werden ungefähr 12-15 L Getriebeöl aufgewendet. 15 L ATF Dexron III kosteten mich inklusive Versand rund 83,- €.
Meguin Datenblatt
Die zu ersetzende ATF-Füllmenge des GM Hydra-Matic 5L40-E beträgt, wie bereits erwähnt, 9 Liter. Jeder verwendete Liter darüber hinaus dient der Getriebespülung. Daher sollte man beim ATF-Kauf nicht zu kleinlich bei der zu beschaffenden Litermenge sein, damit das Spülen nicht zu kurz kommt.
(Getriebeöl-) Filter-Set
Der Getriebeölfilter des 5L40-E-Getriebes wird von IBS Filtran hergestellt und verfügt über zwei ringförmige Dichtungen. Da man ebenfalls die GM-Dichtung der Getriebeölwanne und die 20 Schrauben der Ölwanne erneuern sollte, empfiehlt es sich ein passendes Filter-Set zu kaufen worin alle genannten Teile enthalten sind. Das Filter-Set kostet derzeit ~ 70 € beim örtlichen BMW-Teilehandel.
BMW-Teile-Nummer: 24 11 7 557 071 (nicht passend für USA-Modell BMW X5!).
Sonstiges Material
Des Weiteren benötigt man Werkzeug zum Lösen von Schrauben (z. B. 10mm Stecknuss für die Schrauben der Ölwanne), Torx (einen räumlich kompakten Torx T45 für die Kontrollschraube), einen kleinen Trichter, eine skalierte Altölauffangwanne/ Behälter mit einer Kapazität von ca. 12-14 Litern, mindestens eine Sprühdose Bremsenreiniger, kriechfähiges Öl (z. B. Ballistol Spezialöl/Waffenöl), optional einen skalierten Messbecher, reichlich Unterlagen für etwaige Ölleckagen (z. B. eine Kunststoffplane), Einweghandschuhe, fusselfreies Tuchmaterial, 2 Stück transparentes Schlauchmaterial 1m & 2m (ab ca. 1cm Durchmesser) und eine passende Schlauchschelle, (optional zum 2m-Schlauch: eine Ölpumpe oder Ölpresse, zum Befüllen), ggf. eine neue Dichtung für den ATF-Rücklaufanschluß am Getriebeölkühler.
Um die Wartungsarbeiten unterhalb des Fahrzeugs am Getriebe durchführen zu können, benötigt man natürlich auch eine techn. Einrichtung welche dies ermöglicht. Also je nach Gegebenheit eine Grube, Hebebühne oder vier Unterstellböcke und einen Wagenheber. Wichtig sind dabei zwei Dinge: die eigene Sicherheit muß beim Arbeiten unbedingt gewährleistet werden und das Fahrzeug muß, wie auch immer, exakt waagerecht positioniert werden, was besonders wichtig und techn. unentbehrlich für die spätere Ölstandsangleichung ist.