Ich war am Samstag mal wieder fleissig. Nach dem Umrüsten meines 525i BJ 2002 auf Komfortsitze vom E38 dauerte es leider nur ein Jahr, bis sich das bekannte Phänomen einstellte, daß die Sitze sich verdrehten. In meinem Falle nicht die Sitzlehne, sondern die Sitzhöhenverstellung -- der Sitz fährt zuerst links hoch und dann mit Verzögerung rechts, so daß man schief sitzt.
Das Problem ist bekannt, es gibt massig Videos mit Reparaturanleitungen dazu. Ich habe mich bisher ein bisschen davor gedrückt, weil alle am fluchen waren, wie eng es unter dem Sitz zugeht.
Und das ist genau der Punkt: Mit dem richtigen Werkzeug und der richten herangehensweise geht die Reparatur supereinfach, und bis auf zwei Schrauben ist dort auch genug Platz.
Daher - und weil mich noch einige andere Informationen interessierten, hier ein paar Details zur Reparatur:
Vorbereitungen:
1) Sitzschrauben lösen, solange der Sitz noch angeschlossen ist!
2) Sitze ~2/3 nach hinten fahren damit die Schienen beim Ausbau nicht kratzen. Lehne nach vorne und für diese Reparatur besonders relevant: Sitze hochfahren und ganz nach vorne neigen. Kopfstütze einfahren (oder ausbauen)
3) Arbeiten am Airbagsystem - Batterie abklemmen - 10 Minuten warten. Wahrscheinlich unnötig, aber es sei drauf hingewiesen: Zündung ohne Sitz bedeutet: Airbagleuchte geht und bleibt an.
4) Sitzstecker trennen (Schraubenzieher: Lasche rausziehen)
5) Gurthöhenverstellung trennen
verwendetes Werkzeug
Herangehensweisen gibt es viele, man kann sicher das Ganze auch mit einem Ringschlüssel machen, da verstehe ich aber daß die Leute fluchen. Meinen Arsch gerettet hat mir mein Schraubenzieher mit flexibler Welle und meine 1/4 Zoll Ratsche mit Gelenk. Ansonsten kanns eng werden:
- Ein Torxset - habe mir nicht gemerkt welche Größén, imho T25 - T40
- Eine Ratsche 1/4", Nuss 8mm
- 1/4" Verlängerung, meine ist so geschätzte 7cm lang
- 1/4" Gelenk
- Schraubendreher mit flexiblem Schaft und Bitaufnahme
- Bitadapter auf 1/4" Nuss
- vorzugsweise Heissluftpistole oder Wärmequelle, Feuerzeug, Bunsenbrenner etc.
- zwei Feinzangen
- Teppichmesser o.ä.
(in meinem Fall wegen verzogenem Sitzgestell noch: Rohrzange)
Ich habe bei vielen Videos gesehen, daß die Leute Ihre Sitze im Auto reparierten. Ich komme langsam in ein Alter, da möchte man etwas ergonomischer Arbeiten.
Der Sitz kommt raus, in meinem Fall auf einen Tisch neben der Fahrertür (weil der Gurt ja noch dran ist).
In den Reparaturvideos wird immer wieder erwähnt, daß man den Sitz erst wieder in die Position fahren soll, in der er gleichmäßig steht- in meinem Fall wäre das, wenn der Sitz ganz unten ist.
Da ich dann aber nicht an die Elektrik komme, habe ich den Sitz komplett (schief) hochgefahren. Der Sitz wird später mit Akkuschrauber und Probesitzen im ausgebauten Zustand gerichtet.
Habe vorne die Haltefinger für das Leder etwas nach vorne gebogen und das Leder ausgehängt, so kann man es besser beiseite schieben. Vorne ist die Sitzseitenverkleidung geschraubt und von unten mit drei Spreiznieten fixiert. Ich habe nur vorne oben und unten entfernt, dann konnte ich die Verkleidung etwas zur Seite drehen.
Und so präsentiert sich dann die Wirkungsstätte:
Hier müssen wir dran:
Zum einfacheren Arbeiten habe ich das Gestell vom Sitz mit den Schienen für die Längsverstellung demontiert. Damit hat man deutlich mehr Platz. Hier ein Bild, bei dem vorne abgeschraubt wurde.
Durch die Verdrehung und Verspannung des Sitzgestells fluchten die beiden Löcher nicht mehr und das muss man dann beim Einbau erst wieder richten.
Zum Sitzaufbau (das hier ist ein Aktivsitz):
Im oberen Teil befindet sich vorne unter dem Leder versteckt der Motor mit zwei Wellen für die Sitzhöhenverstellung. Diese wirkt über Zahnräder auf den hinteren Teil des Sitzes.
Darunter/ davor sichtbar befindet sich der Motor für die Lehnenneigung, wieder zwei Wellen (man sieht leider von dem oberen Motor nur das Anschlusskabel):
In dem unteren Abschnitt befindet sich hinten links der Motor für die Sitzlängenverstellung, der Motor wirkt über eine Welle mit zwei Zahnrädern direkt auf die Schienen.
Vorne links auf dem Bild in Dämmstoff gehüllt befindet sich dann noch die Pumpe für den Aktivsitz (für die beiden Pads die sich abwechselnd aufpumpen), dazu gibt's auch schon gute Reparaturthreads und Videos.
rechts daneben in der Mitte befindet sich die Luftpumpe für die Lordosenstütze. Rechts dann der Motor für die Sitzneigung. Dieser wirkt ebenfalls direkt über ein Zahnrad.
Erste Erkenntnis: der Motor für die Sitzneigung (vorne) und für die Höhenverstellung (hinten) teilen sich also die Aufgabe, den Sitz in der Höhe und Neigung zu verstellen.
Anfällig für das Problem sind aber nur die Motoren mit flexiblen Wellen, also die beiden Kandidaten oben, direkt unter der Sitzfläche. Entsprechend die Lehnenneigung und Höhenverstellung hinten.
Bild von unten auf die Welle für die Längsverstellung (unten, silber) und Zahnrad für die Höhenverstellung vorne (oben rechts, schwarz):
Jetzt gehts ans abschrauben. Auf der linken Seite bin ich mit meiner Verlängerung und der Ratsche super drangekommen. Da muss auch das Halteblech für die Kabel nicht verbogen werden oder ähnliches. Die beiden bescheidensten Schrauben sind vom oberen Motor die obere rechte Schraube und vom unteren Motor die hintere, untere Schraube.
Erstmal den "versteckten Motor" direkt unter dem Sitz ausbauen. Die beiden Motoren sitzen zwischen Halteblechen, bei denen auch die Welle eingeschoben wird. Die Welle hat eine Endkappe, die dort nicht rausrutschen kann. Der Sitz hat an der an der Seite löcher durch die die Ratsche passt. Bescheiden, aber man kommt an beide Schrauben:
Oberer Motor mit den beiden Wellen:
Und hier das Problem: durch jahrelanges verdrehen verkürzt sich die Welle etwas (Ursache kann man prima ausprobieren: Faden oben irgendwo festbinden, dann immer in eine Richtung drehen. der Faden wird irgendwann "kürzer"). Links steckt die Welle weiter in der Kappe als rechts:
Der Fix ist bekannt und einfach. Die Hülse erwärmen und abziehen, dann die Plastikummantelung etwas kürzen, Hülse erhitzen und wieder draufpressen.
Ich habe die Hülse mit dem Heissluftfön bei 180° ca 30 Sekunden erwärmt und dabei mit einer Feinzange an der Hülse gezogen. Da muss man nicht dran reissen, einfach nur die Welle auf spannung setzen, die Hülse kommt dann automatisch, sobald das Gummi innen weich wird.
Achtet darauf, daß Ihr die Welle nicht rauszieht. Falls doch, kann man diese auch wieder einfädeln.
Dann habe ich erstmal die Sitzhöhe links und rechts angeglichen und die Zahnräder geschmiert (den Sitz hatte ich vorher natürlich mit Druckluft und einem Lappen gereinigt).
Dazu einen Akkuschrauber an die Welle anschließen. Die Welle hat eine ordentliche Untersetzung, da könnt Ihr ruhig mit 400U/min drehen. Die Sitzhöhe hinten lässt sich super angleichen indem man einfach die Zahnradzacken zählt, die sichbar sind:
Dann hat mich interessiert, wie tief die Welle maximal in den Motor kann und wieweit die Welle maximal aus der Hülse schauen darf:
Tiefe über alles: ca. 25mm
Hülsenende bis Motor ca. 15mm
Also ca. ein halber Inch bzw 10mm ist absolut ausreichend. Gummi entsprechend sauber von der Welle schneiden.
Gummi der Welle eingekürzt:
Zum Montieren den Schaumstoff ggf. aus der Hülse nehmen, falls nicht eh im Motor steckengeblieben. Hülse dann gut warm machen, Heissluftfön 45 sek auf 300° war ausreichend.
Dann Welle mit zweiter Zange festhalten und schnell die Hülse wieder aufschieben, solange diese heiss ist. Darauf achten daß der Gummi bis zur inneren Kante eingedrückt wird. Ist die Hülse zu heiss, kann man auch das Gummi zu weit reinschieben, dann stimmen die Maße oben ggf. nicht. Ist Sie zu kalt, dann bekommt man sie nicht ganz drauf. Es stimmen die Maße dann auch nicht, und ggf. ist die Hülse nicht so fest am Gummi verbunden.
Der vordere Motor für die Lehnenneigung funktioniert genauso, den habe ich gleich mitgemacht, auch wenn da kein fühlbarer Defekt vorlag. Bei der unteren Schraube kam dann mein Schraubendreher mit flexiblem Schaft zum Einsatz, dann ist die Schraube kinderleicht offen. Auch hat es geholfen, den Sitz vorne vom unteren Teil zu trennen, denn dann kann man die sonst störende Welle einfach so drehen wie man Sie braucht:
Ansonsten das gleiche Spiel.
Zum Abgleich der Lehne dachte ich zuerst daß man das auch messen können müsste...(Ein kläglicher Versuch zum Lachen,...funzt aber nicht
Letztendlich hab ich den Sitz auf den Boden gestellt. Akkuschrauber an eine Welle, draufsetzen, und mit Popometer/ nach Gefühl die Lehne eingestellt.
Alles säubern, fetten, wieder einbauen. Freuen.
Das Untergestell vorne blieb leider etwas verspannt, ggf. auch, weil das Spenderfahrzeug ausgelöste Gurtstraffer hatte und ich davon ausgehe, daß das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt war.
Mit einer Rohrzange konnte ich aber die zweite Öse in Position bringen, so daß man die Schraube auch wieder durchkriegt.
Es ist wirklich kinderleicht. Richtiges Werkzeug vorausgesetzt . Zeitaufwand ca 2 Stunden.
Grüssle,
Chris