Reifenbreite, vor und nachteile

  • Das kommt drauf an. Beim 20-30er sehe ich da auch nicht unbedingt einen Vorteil drin. Da aber selbst der 30er mit 235er HA schon leicht nervös werden kann, würde ich beim 40er durchaus eine breitere Bereifung gegen das Übersteuern wählen. Damit ist man dann noch lange nicht bei einem untersteuernden Fahrzeug.
    Und wenn man das Verhalten dann wirklich noch entsprechend austarieren möchte, lässt sich eine Menge über Stabis regeln. Im Serientrimm ist der E39 eh zu untersteuernd ausgelegt, wie eigentlich jedes Serienfahrzeug (einige Sportwagen ausgenommen).

  • Ich meine auch, man muss zwei Fahrsituationen trennen:


    • Übersteuern durch Leistungsüberschuss - Kann man durch breitere Bereifung hinten verringern
    • Untersteuern/ Eigenlenkverhalten - Verstärkt sich durch breitere Bereifung hinten

    Situation 2 spürt man im alltäglichen Gebrauch. Man benötigt bei zunehmender Querbeschleunigung mehr Lenkradwinkel (vgl. konstante Kreisfahrt). Da ein E39 wie alle anderen normalen Fahrzeuge untersteuernd bei Rundumbereifung ausgelegt ist, verschlechtert man sein Fahrverhalten im Alltag mit breiten Reifen hinten, nur um Situation 1 ein wenig zu verbessern.


    Untersteuern beginnt schon lange bevor die Reifen quietschen!


    Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/…le:Eigenlenkverhalten.png

  • Das Problem ist, dass man die beiden Situationen weder so klar trennen noch auf nur die beiden einzelnen Aspekte reduzieren kann.


    Wenn du einfach nur geradeaus fährst und dann das Lenkrad rein reißt, um eine Kurve zu fahren (Einlenkverhalten), sind im aller ersten Moment ausschließlich die vorderen Räder verantwortlich (Kräftekreis, mögliche Kraftübertragung), beeinflusst von der Achsaufhängung (Vorspur, Sturz, Stabi) und Gewichtsverteilung des Fahrzeugs.


    Wenn wir uns dann die stationäre Kreisfahrt ansehen, sprich gleichbleibende Geschwindigkeit bei gleichbleibendem Lenkwinkel, kommt - was Über- und Untersteuern angeht - wieder die Betrachtung des Kräftedreiecks gelegen, wodrin Längs- und Querkraft an jedem Rad angezeichnet werden.
    Da über diverse Parameter festgelegt ist, welche Summe an Kräften jedes Rad übertragen kann (Aufstandskraft, Aufstandsfläche, Reibungsbeiwerte, etc), und Untersteuern quasi als Defizit in der Kraftübertragung gesehen werden kann (stimmt nicht ganz, grad im Bezug auf Haft- und Gleitreibung, aber das artet aus), wird klar, dass das Verhalten der VA nicht durch Ändern der hinteren Bereifung beeinflusst wird.


    Beschleunige ich jetzt in dieser Kreisfahrt, sieht das anders aus. Da kommt dann die vom hinteren Reifen übertragbare Kraft (und da vor allem die Seitenführung, also Querkraft) mit in die Gleichung: Habe ich einen schmaleren Reifen, findet beim Beschleunigen ein ganz leichtes Übersteuern statt (auch hier gilt: Übersteuern beginnt lange bevor die Reifen quietschen), welches dazu führt, dass der Lenkwinkel nicht oder weniger angepasst werden muss (höhere Geschwindigkeit -> höhere Querkraft VA -> höherer Lenkwinkel um "Querhaftreibung" zu kompensieren - ok, das klingt arg unkorrekt, aber ich denke, es ist klar, was gemeint ist).
    Ist der hintere Reifen aber so breit, dass er trotz zusätlich hinzugekommener Längsbeschleunigung weiterhin die Querbeschleunigung im gleichen Maße halten kann, wirkt es auf das Fahrzeug untersteuernder aus, da das "mitlenkende" Heck fehlt.


    Zusammengefasst: Mit breiten Reifen erhöhst du nie das Untersteuern an der VA, sondern reduzierst immer das Übersteuern an der HA, zumindest im Kleinen betrachtet.
    Es ließe sich also in der Kurve ein ähnlich untersteuerndes/übersteuerndes Verhalten erzeugen, wenn man die Reifen an der HA breiter wählt, gleichzeitig aber auch die Stabistärke im entsprechenden Maße erhöht (oder an der VA einen Weicheren wählt). Allerdings wäre so eine höhere Längsbeschleunigung möglich.
    Gleiche Effekte lassen sich natürlich auch über Sturz und Spur erreichen, was aber im Zweifel für Hobbyschrauber schwieriger wird, ordentlich zu realisieren.


    Wer allerdings sein Fahrwerk auf dem Level an seinen Fahrstil anpassen möchte (und da gibt es nicht "Die Eine" Lösung, sondern immer nur persönliche Vorlieben/Präferenzen), sollte sich auch entsprechend mit der Automobilphysik auseinander setzen/gesetzt haben.
    Der Durchschnittsfahrer wird da kaum einen Unterschied merken, wenn an der HA statt 235er 255er Reifen arbeiten - bezogen auf Untersteuerndes Verhalten im Alltag.

  • Danke für deine Mühen und ausführlichen Erklärungen. Ich würde es garnicht so kompliziert machen und Vorderachse und Hinterachse in Über/Untersteuertendenz bzw. deren Einflss aufeinander betrachten. Letztendlich gelten diese Definitionen:


    Definition des Lenkverhaltens nach OLLEY:
    Schräglaufwinkel v>Schräglaufwinkel h⇒ untersteuern
    Schräglaufwinkel v=Schräglaufwinkel h⇒ neutral
    Schräglaufwinkel v<Schräglaufwinkel h⇒ übersteuern


    Wenn ich nun was an einer Achse ändere gibts halt mehr oder weniger Untersteuern. Mir ist kein normales, aktuelles Serienfahrzeug bekannt, dass bei normaler Längsbeschleunigung (<5m/s²) im Fahrversuch übersteuern würde. Das macht kein Golf, 5er, E-Klasse....


    Und Beschleunigugen bis 5m/s² sind eh schon erweiterter Alltag, normale Kunden erreichen selten 3 m/s².


    Definition des Lenkverhaltens nach BERGMANN ist zumindest ähnlich, hier werden die Gradienten des Lenkwinkels und der Querbeschleunigung gegenübergestellt.


    Das kann man ja so in jedem Fahrdynamikskript nachlesen. (Ist dir ja bestimmt auch bekannt.)


    Ich bleibe dabei, breiterer Reifen auf der Hinterachse machen nur Sinn, wenn das Fzg. auf Mischbereifung ausgelegt wurde. Ändert man was am Stabi, dann sieht das anders aus, aber wer macht das schon...

  • Ich bleibe dabei, breiterer Reifen auf der Hinterachse machen nur Sinn, wenn das Fzg. auf Mischbereifung ausgelegt wurde.

    Ich glaube trotzdem, dass kein Alltagsnutzer den Einfluss auf das Untersteuern durch Mischbereifung am E39 merken wird. Nicht, wenn er mit Serienbereifung unterwegs ist (welche es ja tatsächlich auch als Mischbereifung gab, zumindest bei der Limo - eben
    235/45 R17 + 255/40 R17
    235/40 R18 + 265/35 R18
    245/40 R18 + 275/35 R18 als M5
    In wie weit das jetzt bei der Grundauslegung der Fahrwerksgeometrie einbezogen wurde, lässt sich sicher heute nur noch erraten.


    Am Ende ist die Diskussion hier eh müßig, da es viel um persönliche Vorlieben geht. Aber vielleicht hilft das ja dem ein oder anderen User, seine Vorliebe zu finden.



    aber wer macht das schon...

    :whistling:


    Aber ich weiger mich auch wehement, Mischbereifung zu fahren, da ich genau das Untersteuern vermeiden möchte. Da bin ich eigentlich auf einer Linie mit dir. Ich glaube nur nicht, dass es sonst viele merken...

  • ..früher ging das mit den 225ern, heute nicht mehr. Problem ist, dass die Felgen vom Hersteller nur mit den 235ern geprüft wurden. Kannst ja Mal "Impact Test" googlen.

  • Wenn 225 dann müsste das bei 17 Zoll schon 225/50/17 sein
    Dann passt das wieder.
    Nur wird das mit der Sondereintragung soo teuer.. Da muss man schon sehr wild drauf sein was "besonderes" zu haben :ugly:

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